Polenreise 2012

  • Hallo allerseits,


    manche mögen es an der Webcam bemerkt haben: ich bin seit heute wieder zurück von meiner Polenreise nach Hinterpommern.


    Nach Jahren der Abwesenheit wollte ich wieder die Heimat meiner Vorfahren besuchen, die auch gleichzeitig den Ort meines ersten Kennenlernens mit dem Land Polen vor nunmehr 26 Jahren darstellt. Ich fühle mich seitdem dort heimisch, spreche mittlerweile die polnische Sprache fließend, und so war auch für mich diese Reise sozusagen eine Reise in die Heimat.


    Von Szczecin aus ging es über Drawsko Pomorskie (ehem. Dramburg), Szczecinek (Neustettin) nach Stępień, dem damaligen Stepen im tiefsten Hinterpommern. Ich ließ mir Zeit auf dieser Reise, machte hier und dort Halt, um Weißstörche zu beobachten, die herrliche Seenlandschaft und die endlosen Wälder zu genießen, oder um das Spiel der hübschen Quellwolken zu bewundern, die es so wohl nur in Pommern gibt. Bei der Fahrt durch Hinterpommern, dem heutigem Pomorze Zachodnie, kamen mir wirklich manchmal die Tränen, aus Freude an der lieblichen Landschaft und dem freundlichen Klima.


    Und doch, unsere unrühmliche Geschichte, die Vergangenheit, ist mit jedem Schritt hier spürbar, erst recht, wenn man die Sprache und die Seele der Menschen versteht. Der Überfall auf Polen, Massenvernichtung, Zwangsarbeit, Konzentrationslager, Völkermord, anschließend der Gegenschlag der Roten Armee, Massenvergewaltigung, Erschießungen, millionenfache Vertreibung und ethnischer Hass sind hier allgegenwärtig spürbar. Erlebnis am See: sagt doch eine ältere polnische Damen zu ihren Enkeln: "Nie baw sie z tamtymi dziecmi, to sa Niemcy!" Zu deutsch: "Spiel nicht mit den Kindern da drüben, das sind Deutsche!"


    Ich bin hin- und hergerissen, sitze zwischen zwei Stühlen. Ja, dies alles sind Realitäten. Da helfen keine "Vorzeige-Gemeinsamkeiten". Nein, ich habe das Gefühl, das deutsch-polnische Verhältnis verschlechtert sich eher als dass es besser wird.


    Dennoch und gerade deshalb: jeder Polenaufenthalt, und gerade in meiner Heimat, berührt mich immer sehr. Ich bin ja dort "Fast-Pole", und fühle mich sofort akzeptiert, aufgehoben, ja fast als Familienmitglied. Als polnischsprechender Mann, der nicht laut, nicht pfeifend, nicht arrogant, nicht hochmütig auftritt, sondern sanft, verständnisvoll, empathisch, und mit typisch polnischem Witz.


    Leider konnte ich keinen Bienenstand besichtigen; dies hatte zwei Gründe:


    1. Die große Mehrheit der Bienenstände bäuerlichen Ursprungs, wie ich sie noch vor 26 Jahren vorfand, sind im Zuge der Varroa schlicht und ergreifend verschwunden, und mit ihnen auch die Dunkle Biene.


    2. Das Wetter der letzten Tage war dermaßen schlecht, dass vereinbarte Besitichtungen abgebrochen werden mussten. Schade, obwohl: ich hätte ohnehin nur Carnicabienen zu Gesicht bekommen.


    Ich habe aber eine sehr freundliche Imkerin mit 50 Völkern und auch mit Imkereibedarfshandel in Drawsko Pomorskie kennengelernt; Frau Brygida. Von dieser habe ich sogleich etliche Kilo Dadant-Mittelwände gekauft; und über sie habe ich auch einen Veterinär in Drawsko kennengelernt, um über die Varroabehandlung zu sprechen. Dies findet dort ausschließlich mit Apiwarol, einer brennbaren Tablette, statt.


    Als Dankeschön erhielt ich von Frau Brygida zwei Imkerbücher geschenkt. Wundervoll.


    Auch viele viele andere schöne Erlebnisse hatte ich in Hinterpommern, die aber hier nicht alle wiedergegeben werden können. Man muss dort selber einmal hinfahren.


    LG
    Kai

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  • Hallo Tino,


    danke schön; ja das entsprang mir so aus dem Herzen.


    Wo genau wart Ihr denn in Kaschubien?
    LG
    Kai

  • Nein, ich kann's nicht lassen, ich muss doch noch drei Fotos einfügen von meiner wunderschönen Polenreise durch Pommern, in schönster Natur.


    Und manchmal bewirkt solch ein Urlaub auch Wunder. :wink:


    LG
    Kai



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  • Hallo Kai,
    späte Antwort zur Frage

    Zitat

    Wo genau wart Ihr denn in Kaschubien?

    Sorry.
    Wir waren in Lewinko, ein kleines Dorf zwischen Lebork und Danzig.Zwölf Jahre ist das nun schon her.Es war sehr schön, noch nicht alles so auf "Weststandart" getrimmt. Wir suchen in anderen Landen immer noch nach "ursprünglichem", nach den nationalen Eigenheiten.Gerade das "Anderssein" des jeweiligen Landes, der Nation ist es, was für uns eine soche Reise interessant macht. Globalisierung etc. verwischt hier die Unterschiede immer mehr.
    Angetan waren wir auch von den großen Weiten, den Entfernungen die man von Dorf zu Dorf zurücklegen mußte.Große Wälder, herrliche Seen um die sich viele Sagen ranken................
    Wir trafen dort auf viele freundliche Menschen, aber auch welche, die uns Deutschen nicht sehr freundlich gesonnen waren.
    Geschichtlich auch sehr interessant, vorallem was die deutsche Vergangenheit in dieser Gegend betrifft.
    (vom Templerorden bis zur Zeit des 2.WK)
    Schade nur, dass ich mich um diese Zeit noch nicht für die Dunkle Biene interessiert habe. :(


    LG
    Tino

  • Hallo Tino,


    danke für die Antwort.


    Ja, und nun fühle ich mich wieder an die Zeit in Polen zurückversetzt. :P Kann ich alles bestätigen, was Du geschrieben hast.


    Interessieren würde mich, wie Du das gespürt hast, dass manche den Deutschen gegenüber zurückhaltend waren?
    LG
    Kai

  • Hallo Kai,
    nur noch mal kurz zu deiner letzten Frage. Man spürt das am Verhalten-logisch und wahrscheinlich zu allgemein formuliert. Also von "Nicht-oder Kaumbeachten" in einigen wenigen (damals seltenen) gastronomischen Einrichtungen, bis zum ("vielsagenden") Abwenden von Blicken und so einige Wortfetzen verstehe ich auch.
    Aber, damit der Bericht nicht so negativ endet, denn es war kein unschöner Aufenthalt, will ich noch folgende Kurzbegegnung schildern. Wir sahen uns ein kleines Museum an. Die Museumsangestellte sprach kein Deutsch
    (muß sie ja auch nicht :D ) und sah unser vielleicht besonderes Interesse an einigen Exponaten etc.. Sie holte extra für uns einen pensionierten Lehrer, der nicht weit entfernt wohnte, damit dieser uns alles erklären konnte !!!
    Sehr nett, dieser Art sind die hauptsächlichsten Erinnerungen an diesen Urlaub!


    LG
    Tino

  • Hallo Tino,


    ja, die Polen sind sehr gastfreundlich, von daher hatte es mich gewundert, dass Du in manchen Begegnungen Ablehnung gespürt hast. Eigentlich, und das ist überwiegend die Regel, heißt es in Polen:


    "Ein Gast im Haus ist Gott im Haus".


    Und so wundert man sich als Deutscher auch wiederum, wie gastfreundlich man empfangen wird. Das zeigt ja auch Deine Begegnung in diesem kleinen Museum, wo Dir, sicher nicht ohne Stolz, besondere Exponate gezeigt wurden, die andere sonst nicht zu sehen bekommen. :wink:


    LG
    Kai

  • Hallo Kai,
    ja so in etwa ist es! Abschließend zu diesem "kleinen Polenausflug" möchte ich stehen lassen: man hüte sich vorallen Dingen zu verallgemeinern -es gibt nicht d e n Polen oder d e n Deutschen, es gibt überall Menschen mit eigenen Charakteren-"solche und solche".
    Und einige kleine "nation-ale" Unterschiede, von denen die Sprache der augenscheinlichste ist und die eine jede Reise in ein anderes Land so interessant macht, neben den rein landschaftlichen Eindrücken.
    So jetzt hörts aber auf mit Reisegedanken-der letzte Urlaub ist gerade vorbei und nächste Urlaub ist noch fern! :(
    Bis dahin ist noch eine Menge Arbeit-auch mit den Bienen-angesagt.
    Auch ich habe zum ersten mal zwei neue Königinnen eingeweiselt und bin gespannt was draus wird!


    LG
    Tino

  • Zitat von artejagd

    Hallo Kai,
    ja so in etwa ist es! ... -es gibt nicht d e n Polen oder d e n Deutschen, es gibt überall Menschen mit eigenen Charakteren-"solche und solche"....
    LG
    Tino


    HAllo Tino,


    ja, das ist richtig, doch gerade zwischen Polen und Deutschen gibt es m. E. große nationale, kulturelle Unterschiede. Neben der Sprache ist es vor allem die deutsche ausdifferenzierte Gesellschaft mit den vielen Parallelgesellschaften (Szenen, Religionen, Ausländergruppen), die es in Polen nicht gibt. Polen ist ein erfrischend einheitliches Land mit alter Tradition, und jeder Pole weiß, was der andere zu Ostern, Weihnachten oder am Sonntag macht. Das ergibt ein tiefverwurzeltes Heimatgefühl.


    Diese extremen Unterschiede zwischen Deutschland und Polen machen sich schon im Alltag der beiden Nationen sehr wohl bemerkbar.


    LG
    Kai

  • Zitat

    ja, das ist richtig, doch gerade zwischen Polen und Deutschen gibt es m. E. große nationale, kulturelle Unterschiede. Neben der Sprache ist es vor allem die deutsche ausdifferenzierte Gesellschaft mit den vielen Parallelgesellschaften (Szenen, Religionen, Ausländergruppen), die es in Polen nicht gibt.


    So kann man die Mentalität eines Volkes verändern.
    Viele Gäste einladen die sich dann mit den Ureinwohner vermischen, fremde Kulturen und Gruppen tragen dazu bei das sich der Reichtum eines Volkes, seine Mentalität, seine stärke, Strebsamkeit und viele anderen Tugenden mit der Zeit immer weiter verblasst.
    Ist das der Preis den wir zahlen müssen damit andere keine Angst mehr vor uns haben müssen?
    Wer weiß schon wie hoch der Preis einer Wiedervereinigung ist, was hinter unserem Rücken für Verträge abgeschlossen wurden, welche die Siegermächte uns aufgedrückt haben.
    Die Gedanken sind frei uns noch dürfen wir unsere Meinung offen äußern, ohne direkt dafür bestraft zu werden.

  • Zitat von Drudenstein


    Die Gedanken sind frei uns noch dürfen wir unsere Meinung offen äußern, ohne direkt dafür bestraft zu werden.


    Hallo Hans,


    ja, und das ist auch richtig so! Zumal es sich hier aber eher um eine Zustandsbeschreibung handelt als um eine Meinung.
    Diese Zustandsbeschreibung, so meine ich, muss man kennen und verinnerlichen, um sich dann erst eine Meinung bilden zu können.


    LG
    Kai