Die Erhaltung von dunklen Hybridbienen

  • <t>Sollten Dunkle Hybridbienen erhalten bleiben?</t> 32

    1. <t>Ja, unbedingt</t> (14) 44%
    2. <t>Nein, es sind Mischbienen</t> (14) 44%
    3. <t>Bin mir unsicher / weiß nicht</t> (4) 13%

    Hallo allerseits,


    In Belgien,Schweiz und Polen gibt es ja ziemlich viele belegstellen für die dunklen Hybridbienen. Lohnt es sich diese zu erhalten? Es wäre doch besser die reinen dort zu erhalten weil die dunklen Bienen sind doch alle ursprünglich gleich. Zumindest gibt es ja keine Ökotypen? Was meint ihr?


    LG Kianoush

  • HAllo Kianoush,


    danke für die interessante Frage. Ein sehr interessantes Thema! Ein Thema, das wirklich sehr gut diskutiert werden kann. Die Frage interessiert mich auch sehr.


    LG
    Kai

  • Oh ja, das könnte zu interessanten Diskussionen führen. :mrgreen:
    Allerdings bin ich es ehrlich gesagt leid meine Ansichten hier weiter breit zu treten. Jeder der mich und dieses Forum kennt, weiß, wie ich es sehe.


    Ich bin mir sicher, dass ein hohes Maß an Lokalpatriotismus und evtl. auch wirtschaftliche Interessen dem Umstellen auf garantiert reines Zuchtmaterial entgegenstehen.


    Von daher, Kianoush, ist das eine nette und rational betrachtet richtige Diskussionsgrundlage. Aber man kann die Menschheit nicht zu ihrem Glück zwingen! :wink:


    LG Johannes


    Zuchtkoordinator im Bundesverband Dunkle Biene Deutschland e.V.

    http://www.bv-dunkle-biene.de/
    Eine Mitgliedschaft in unserem Verein ist ein guter Beitrag zum Erhalt unserer einheimischen Dunklen Biene. Wir wollen die imkerlichen Kräfte bündeln und Interessenten und Züchter näher zusammenbringen.


    Infos zur mir und meinen Bestellmöglichkeiten gibt es auf meiner Webseite: https://www.dunkle-bienen.com/

  • So Ihr Lieben, jetzt nochmal von mir mit etwas mehr Zeit als vorhin. :P


    Zitat von Kianoush

    In Belgien,Schweiz und Polen gibt es ja ziemlich viele belegstellen für die dunklen Hybridbienen. Lohnt es sich diese zu erhalten? Es wäre doch besser die reinen dort zu erhalten weil die dunklen Bienen sind doch alle ursprünglich gleich. ....
    LG Kianoush


    Lange denke ich nach über diese interessante Frage, seit Jahren schon, denn ich finde, die Frage und die möglichen Antworten tangieren so ziemlich unsere zentralen Forderungen nach Erhalt der reinen (!) Dunklen Biene. Kurzum: Gilt diese Forderung auch für "Dunkle Hybridbienen"?


    Zu einer generellen Antwort bin ich noch nicht gekommen, ich denke auch, man kann die Frage kaum generell beantworten. Ich finde, es hängt von dem entsprechenden Land und dem jeweiligen Zustand der dort noch vorhandenen Biene ab. Beispielhaft möchte ich nennen:


    Polen: Belegstellen existieren hier nicht (jedenfalls nicht nach unserem deutschen Verständnis), wohl aber sehr unsichere Belegstände in "gesetzlich geschützten Reservaten" der Dunklen Biene. Wie ineffektiv diese sind, zeigen die durchweg vorhandenen Hybriden der Dunklen Biene (Augustowska, Kampinoska). Lohnt es sich diese zu erhalten? Ich weiß es nicht. Mit Sicherheit lohnt es sich NICHT, in Polen reine Dunkle Bienen einzuführen, solange dort nicht die Frage der Reinbegattung gesichert ist! Unter diesem Gesichtspunkt ist es vielleicht doch besser, dort die Augustowska und Kampinoska zu erhalten? Die Realität zeigt aber: In Polen interessiert sich niemand mehr für diese Bienen!


    Schweiz, Österreich: Auch hier sind die Bestände vermischt. Für Österreich würde ich 100% Verkreuzung nennen, für die Schweiz kann ich nicht ausschließen, ob unter den vielen Hybriden nicht doch eine reine Dunkle Biene vorhanden ist. Da zumindest das Potential für sichere Belegstellen vorhanden wäre, bin ich dafür, die dort vorhandenen Dunklen Bienen auch mit Hybrideinschlag vorerst zu erhalten, auch um zu prüfen, ob hier und dort nicht doch reines Material vorhanden ist. Sollte dies nicht der Fall sein, bin ich dafür, reines Material nach Österreich und die Schweiz einzuführen (wird ja schon praktiziert). Es sind alles die selben Haplotypen, dieselbe Biene.


    Eines steht aber fest: Mellifera-Hybridbienen nach Deutschland einzuführen, macht (außer zu Testzwecken) nun wirklich keinen Sinn.


    Wie denken die anderen?


    LG
    Kai


    Foto: Augustowska-Hybridbienen


  • In der Schweiz gibt es den bekannten «Swiss-Mix» – aber auch (fast bis ganz) reinrassige Mellifera. Diese kommen von 24 Belegstationen (siehe http://www.mellifera.ch/cms/belegstationen-listenansicht), von denen fünf Linienbelegstationen in meist in abgelegenen Bergtälern sind.


    Die Bestimmung der Reinrassigkeit erfolgt in der Schweiz mit gentechnischen Verfahren, wobei Zuchtvölker mit mindestens 90 Prozent Reinheit als rassentypisch gelten. Morphologische Messungen der Flügel sind gemäss mellifera.ch nicht zuverlässig genug, um Hybride sicher zu erkennen, die von der Reinzucht ausgeschlossen werden.


    Rassetypische, aber nicht reinrassige Königinnen und ihre Nachfolgerinnen werden mit ausschliesslich reinrassigen Drohnen begattet, so dass bereits die F7-Generationenfolgen ein Reinheitsgrad nahe bei 100 Prozent erreicht. Bei F10 sind es 100 Prozent, siehe Grafik.


    Da einige Bergtäler hundertprozentige Mellifera-Schutzgebiete sind, in denen keine anderen Rassen gehalten werden dürfen (und es kommen neue Bergtäler dazu), ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der reine Mellifera-Bestand erholt und wieder etabliert hat.



    ... und wenn ich es jetzt noch gebacken bekomme, die Grafik hochzuladen, dann würde man hier etwas sehen.

  • Zitat von Rheinschlucht

    ....https://www.dropbox.com/s/r3ej7lqpha37v81/Mellifera%20Folgegenerationen.jpg?dl=0


    ... und wenn ich es jetzt noch gebacken bekomme, die Grafik hochzuladen, dann würde man hier etwas sehen.


    Ich hab das in einen Link umgewandelt. Jetzt kann man drauf klicken und sieht es. :wink:


    LG Johannes


    Zuchtkoordinator im Bundesverband Dunkle Biene Deutschland e.V.

    http://www.bv-dunkle-biene.de/
    Eine Mitgliedschaft in unserem Verein ist ein guter Beitrag zum Erhalt unserer einheimischen Dunklen Biene. Wir wollen die imkerlichen Kräfte bündeln und Interessenten und Züchter näher zusammenbringen.


    Infos zur mir und meinen Bestellmöglichkeiten gibt es auf meiner Webseite: https://www.dunkle-bienen.com/

  • Grüsse an alle.


    Wenn ich eine reinrassige dunkle Biene bekommen kann, warum sollte ich auf Hybridbienen ausweichen. Es macht keinen Sinn.
    Ich bin überhaupt kein Freund der Hybridisierung egal in welchem Bereich und in welcher Form. Ich habe einige Beobachtungen gemacht
    an Pflanzen die Hybritisiert wahren die negative Eigenschaften haben, zum Beispiel: Geschmacklosigkeit, Geruchlosigkeit. Die Samen von solchen Pflanzen gehen nicht auf und die Biene setzt sich nicht auf die Blüten solcher Pflanzen.


    Gruß Niko

  • Viele haben doch Landbienen. kreuzungen aus carnica und Buckfast und was sonst noch so fliegt. Ich bin kein Freund von Zucht weil die immer nur Probleme mitbrachte. In allen bereichen. Ich möchte gesunde bienen. Bienen die sich auch mal einige >Milben selbst wegputzen. Sanftmut und Honigertrag sind mir nicht sdo wichtig

  • Zitat von abraxas

    ... Ich bin kein Freund von Zucht weil die immer nur Probleme mitbrachte. In allen bereichen. Ich möchte gesunde bienen. Bienen die sich auch mal einige >Milben selbst wegputzen. ....


    Hallo,


    danke für Dein Statement, was für mich eine gute Steilvorlage ist. :P


    Du sagst, Du bist kein Freund von Zucht. Unbewusst profitierst Du aber ganz erheblich von Zucht, denn alle Bienen, die wir heute in Deutschland pflegen, sind Zuchtprodukte. Sie sind vor allem:


    • sanftmütig
    • ruhig
    • recht schwarmträge
    • robust und vital
    • fleißig.

    Gern erinnere ich mich an meine Bienen aus den 1970 und 1980 JAhren zurück. Diese waren extrem aggressiv, schwarmtriebig, honigschwach und krankheitsanfällig. Solche Bienen will heute keiner mehr. Fahre mal nach Osteuropa, dort gibt es diese verkreuzten, züchtersich nicht bearbeiteten stechwütigen Bienen noch.


    Übrigens: die Dunkle Biene ist nur über die Erhaltungszucht zu bewahren. Wie denn sonst. :P


    LG
    Kai

  • Hallo allerseits,


    habe grade einen TV Beitrag über alte Sorten(hier bei Pflanzen-gilt ja analog auch für Tier) gesehen. Bei mir sind mal wieder mehr Fragen als Antworten geblieben: Interessant war die Aussage, dass alte Sorten sich besser an Veränderungen anpassen können. Verändern sich die Sorten dabei dann genetisch auch? Und auf unsere Bienen übertragen: Gibt es die alte Dunkle Biene noch so, wie sie vor 150 Jahren hier lebte?
    Wenn ich es richtig verstehe, wird die Dunkle durch Flügeluntersuchungen/Messungen festgestellt. Gibt es im zoologischen Sammlungen Belegexemplare, die auch diesen Messungen unterzogen wurden?? Wie alt sind die Belegtiere? Welche Ergebnisse und Erkenntnisse gibt es?
    Bisher habe ich nur Untersuchungen zur Zellengröße - Stichwort kleine Zellen - gefunden.
    Hoffe, ich bin nicht zu weit vom Thema abgekommen. :?
    Gruß Thomas

  • Zitat von Sommerbiene

    Hallo allerseits,
    ....Gibt es die alte Dunkle Biene noch so, wie sie vor 150 Jahren hier lebte?
    ... Gibt es im zoologischen Sammlungen Belegexemplare, die auch diesen Messungen unterzogen wurden?? Wie alt sind die Belegtiere? Welche Ergebnisse und Erkenntnisse gibt es?


    Gruß Thomas


    HAllo Thomas,


    vielen Dank für Deine interessanten und wichtigen Fragen. Von mir dazu aus Zeitgründen leider nur kurze Antworten:


    1. Ja, sie gibt es noch, nämlich an wenigen Orten in Norwegen, Schweden, in Irland, möglicherweise punktuell im Ural. Der Erhalt dieser wenigen reinen Völker ist unser zentrales Ziel. :P


    2. Ja, die ältesten Belegexemplare der Dunklen Biene stammen aus dem 10. Jahrhundert n. Ch. und somit garantiert aus einer Zeit, in der es keine Bieneneinfuhr und somit Hybridisierung gab. Diese Wikingerbienen stellen ein wichtiges Glied in der Feststellung der Morphologie der reinen Dunklen Biene dar.
    Folgende Literatur zu diesem Thema kann ich empfehlen:
    Prof. Dr. Friedrich Ruttner: "Biogeography and Taxonomy of Honeybees"
    F. Ruttner, Eric Milner, John E. Dews: "The Dark European Honeybee"
    F. Ruttner: "Naturgeschichte der Honigbienen"
    Prof. Dr. Enoch Zander: "Die Zucht der Biene" (1944)
    Beowulf A. Cooper: "The Honeybees of the British Isles"
    F. Ruttner: "Zuchttechnik und Zuchtauslese bei der Biene"


    Aber auch spätere Referenztiere wurden natürlich herangezogen, ua. von den Bienenwissenschaftlern Ruttner, Alpatov, etc. Im Ergebnis ließ sich feststellen, dass die Dunkle Biene sehr einheitlich und uniform war, unabhängig davon, ob sie nun aus Westeuropa oder zB dem Ural stammte. Es war ein und dieselbe Biene.


    Dagegen zeigen heutige Dunkle Hybridbienen aus Österreich, Polen, dem Baltikum, aus England und Frankreich deutliche Einflüsse der Carnica oder auch Ligustica. Sie wurden alle im Laufe der letzten 200 Jahre verkreuzt und somit zerstört. In Deutschland sind seit dem Zweiten Weltkrieg keine reinen Dunklen Bienen mehr feststellbar, und die letzten mellifera-ähnlichen Bienen konnte man in Deutschland nur bis in die 1970-er Jahre hinein beobachten.


    LG
    Kai

  • Hallo Kai,
    vielen Dank für deine Infos.
    Besonder der Begriff "Wikingerbienen" hat mich erfasst, da ich grad mit einer jungen Imkerin ein Bienenhaus in einem Kleingarten übernommen habe und mir sicher bin, dass hier jetzt ganz sicher die dunklen Bienen einziehen werden.
    Wird bei uns in einem der Bieneninstitute zu den Dunklen Bienen gearbeitet/erforscht, oder vielleicht Dunkle Bienen gezüchtet?
    Wurdest du vielleicht sogar schon von einem Institut kontaktiert?


    LG Thomas

  • Hallo Thomas,


    danke für Deine Anfrage.


    Soweit ich weiß, beschäftigt sich in Deutschland nach wie vor kein Institut mit der Dunklen Biene. Nein, auch wurde ich niemals von einem Institut diesbezüglich kontaktiert.


    Jeder mag die Schlüsse daraus selber ziehen. :wink:
    LG
    Kai