Beiträge von fha

    Hallo Christian,


    vielen Dank für Deine nette Antwort. Gerne melde ich mich noch einmal per PM bei Dir. Deine Mail vom 05.02. muss aber in´s Nirwana gegangen sein; ich kann in meinem Posteingang nichts finden. Kannst Du sie bitte noch einmal schicken?


    Gerne berichte ich hier künftig in loser Folge vom Projektfortgang. Momentan bin ich einfach nur überwältigt vom riesigen Interesse und versuche, möglichst schnell meine Mails zu beantworten...


    Viele Grüße,
    Frank

    Liebe Freunde der Dunklen Biene,


    ich habe heute erst die rege Diskussion in diesem Forum bemerkt. Mich freut das Interesse; schade finde ich, dass hier über manches indirekt spekuliert wurde, das man über direkte Fragen hätte besser klären können. Meine Kontaktdaten finden sich auf den bereits besprochenen Projektseiten (http://www.janegoodall.de und http://www.aurelia-stiftung.de). Leider fehlt mir aktuell die Zeit, um hier auf alle angesprochenen Aspekte ausführlich einzugehen; einiges will ich jedoch aufgreifen. Mein Name ist Frank Haß. Ich verdiene meine Brötchen auf dem Bildungssektor. Informationen zu meiner Person und zu meinen beruflichen Tätigkeiten finden sich unter http://www.wikipedia.de oder auf der Homepage meines Instituts (http://www.angewandte-didaktik.de). Imker bin ich seit über 20 Jahren. Begonnen habe ich mit der in unserer Region (Westsachsen) üblichen carnicabasierten Landrasse. „Landrasse“ sei hier im Golzschen Sinne verstanden (keine Wanderung, Standvermehrung, Auslese der jeweils schlechtesten Völker). Recht früh brachten mich die Publikationen von Ruttner und Cooper dazu, mich theoretisch mit der Apis mellifera mellifera zu beschäftigen. Seit mehreren Jahren gibt es Dunkle Bienen (besonders schwedische Linien) auf meinen Ständen. Über meine beruflichen Aktivitäten – ich entwickele unter anderem Lehr- und Lernmaterialien für Schüler - lernte ich dann zunächst Jane Goodall und das Jane Goodall Institut und dann Thomas Radetzki kennen, was dann zur Entstehung des Projektes führte.
    Warum dieses Projekt? Ich bin überzeugt, dass die Ursachen der vielen Probleme, die wir derzeit in der Imkerei haben, nur zum Teil durch die agrarindustrielle Produktion (Pestizide, grüne Monokulturwüsten, Gentechnik, etc.) verursacht sind. Andere Ursachen liegen in primär profitorientierten imkerlichen Betriebsweisen (Völkermassierungen, Turbovölker, falsche Völkerführung, etc.). An dieser Stellschraube kann / sollte man drehen, ohne sich dafür unbedingt den Demeterrichtlinien unterwerfen zu müssen. Defensive und extensive Imkerei (weniger Eingriffe, dafür Imkern mit mehr kleineren Volkseinheiten, Königinnen nicht jährlich tauschen, natürlichen Schwarmtrieb nicht mit allen Mitteln unterdrücken, etc.) wären schon erste Schritte. Aber darum soll es in dem Projekt nicht vordergründig gehen.
    Ein weiterer sensibler Punkt ist die Biene, mit der geimkert wird. Ich muss in diesem Forum nicht begründen, warum die Apis mellifera mellifera eine Alternative zu hochgezüchteten Carnicas / Buckfasts ist. Die Frage ist nur, wie überzeugen wir andere und schaffen uns damit Freiräume. Es ist mir durchaus bewusst, dass es bereits eine Reihe unterschiedlichster Aktivitäten in Deutschland gibt. Ich will kurz darstellen, wie sich mir die aktuelle Situation darstellt. Meines Erachtens gibt es da drei Typen von Imkern, die sich mit der Amm befassen: Typ 1 – der Halter und Vermehrer: Einige Imker kaufen Königinnen in den Ländern, in denen es noch stabile Mellifera-Populationen gibt. Diese Königinnen werden - mit unterschiedlichen guten Erfolgsquoten eingeweiselt, dann über Standbegattung vermehrt und wenn in der Fx keine melliferatypischen Eigenschaften mehr zu erkennen sind, werden neue Königinnen bezogen. Zu dieser Gruppe gehören Hobbyimker und Nebenerwerbsimker. Ein Berufsimker, der mit der Dunklen arbeitet, ist mir nicht bekannt. Das Problem hierbei ist, dass es immer schwerer wird, gute Königinnen aus den jeweiligen Regionen zu bekommen. Das Interesse an der Dunklen wächst in diesen Regionen auch gewaltig. Und die Gefahr der Hybridisierung nimmt auch dort zu. Typ 2 – der Linienzüchter: Es gibt eine ganze Reihe Imker, die sich Königinnen, Ableger, Zuchtstoff aus den europäischen Ländern besorgt haben, in denen es noch reine Mellifera-Populationen gibt. Wir dürften in Deutschland zumindest schwedische, norwegische, irische, schweizerische, österreichische, niederländische, belgische eventuell weitere Herkünfte haben. Über Grad und Feststellung der Reinheit will ich an dieser Stelle nicht sprechen. Zumindest bemühen sich diese Züchter – zumeist durch instrumentelle Besamung – diese Herkünfte rein zu vermehren. Wir haben also zumindest eine Reihe von Back-up-Populationen. Nicht alle diese Züchter wissen voneinander bzw. koordinieren ihre Aktivitäten. Typ 3 – der Kombinationszüchter: Diese Züchter versuchen durch Kombination verschiedener reiner europäischer Herkünfte eine reine Mellifera deutscher Prägung zu schaffen. Aber auch diese Züchter sind – aufgrund fehlender Belegstellen - gezwungen, instrumentell zu besamen. Auf die Dauer wird das nicht gutgehen. Spätestens an dieser Stelle muss erwähnt werden, dass es bekanntermaßen einen Zuchtverband Dunkle Biene Deutschland gibt, in dem ich ebenfalls Mitglied bin. Im Zuchtverband sind mittlerweile ca. 50 Züchter der Dunklen Biene organisiert. Das Interesse steigt, die Mitgliederzahl wächst. Jetzt gilt es, dort die vielfältigen züchterischen Aktivitäten zu bündeln, zu strukturieren und sich mit den europäischen Partnern zu vernetzen. Genau das geschieht dort jetzt auch. Der Vorsitzende, Ralf Ullrich, war übrigens einer der sehr wenigen (an einer Hand abzählbaren) deutschen Teilnehmer der letztjährigen SICAMM-Konferenz in Lunteren. Es gibt inzwischen z.B. wunderbare Kontakte in die Schweiz (Danke, Jürg!), nach Irland, nach Schottland, Norwegen, Schweden, Russland und in die Niederlande. Der Zuchtverband wird wachsen und in absehbarer Zeit eine Interessenvertretung für die Dunkle werden (müssen). Ohne Lobbyarbeit und ohne von den entsprechenden Imkerverbänden, Bieneninstituten und Universitäten als ernsthafter Partner wahrgenommen zu werden, werden wir unsere Interessen nicht vertreten können. Erste Kontakte sind geknüpft, die Haltung der dort Verantwortlichen ist in vielen Fällen – entgegen häufiger Darstellungen in einschlägigen Foren – positiv und offen. Mit der entsprechend starken Interessenvertretung wird es mittelfristig sicher gelingen, dass es in Deutschland eben nicht nur Carnica- oder Buckfast- sondern auch Mellifera-Belegstellen geben wird. Einzelkämpfer werden das nicht schaffen. Die aktuellen Probleme mit Nordstrandischmoor oder Vorderriss sind ja gelegentlich Thema in diesem Forum. Also, nehmt Kontakt mit dem Zuchtverband auf; die Kontaktdaten sind allen zugänglich.
    Nun aber zum eigentlichen Projekt. Ein Problem, dass sich bei Bienenprojekten immer wieder zeigt, ist, dass die Honigbiene sowohl Nutz- als auch Wildtier ist. Die Verantwortlichkeiten liegen also bei unterschiedlichen Ministerien. Dieses Problem gibt es aber in anderen Ländern auch. Ich habe mich zum Beispiel lange mit Andrew Abrahams ausgetauscht. Er hat aus diesem Grunde 10 Jahre harter Arbeit benötigt, bis Colonsay zum Schutzgebiet erklärt wurde. Deshalb will das „Arterhaltungsprojekt Dunkle Biene“ zunächst die Amm als Wildtier ins Auge fassen. Die Amm ist unstrittig die einzige in Deutschland heimische Honigbiene. Sie lebte in dieser Region jahrtausendlang als Wildtier, bevor der Mensch sie erst zu nutzen und dann auszurotten begann. Sie gehört also zu unserer heimischen Fauna und sollte deshalb als Wildtier wieder eine Chance erhalten. Wir sind in Deutschland nun in der unglücklichen Situation – anders als in anderen europäischen Ländern – keine autochthonen Populationen mehr zu haben. Deshalb muss ein Schutzgebiet neu geschaffen werden. Ich weiß, dass Deutschland sehr dicht besiedelt ist. Trotzdem gibt es Flächen, die geeignet (Größe, Grad der Besiedelung) sind. Es wird ganz sicher nicht leicht, für ein oder mehrere solcher Gebiete einen Schutzstatus zu erhalten, aber daran arbeiten wir gerade. Unterstützung in diesem Bereich ist sehr willkommen. Dann gilt es herauszufinden, welche Herkünfte der Dunklen Biene bzw. welche Kombination unterschiedlicher Herkünfte (natürlich nur reine, morphometrisch und genanalytisch geprüfte Populationen) sich an unsere deutschen Klimata am besten anpassen können. Deshalb die Idee, hier die natürliche Auslese wirken zu lassen. Natürlich werden diese Bienen extensiv und defensiv imkerlich betreut. Aber sie werden eben z.B. nicht gegen Parasiten behandelt. Ich bin dabei durchaus mit Projekten vertraut, in denen das schief gegangen ist. Es gibt aber auch Beispiele, wo es funktioniert hat. Vielen wird das von Tom Seeley beschriebene Projekt in Arnot Forest bekannt sein: Eine Population von 12 wildlebenden Völkern brach nach Ankunft der Varroa zusammen. Ein einziges Volk überlebte. Nach mehreren Jahren baute sich – von selbst – wieder eine stabile wildlebende Population von 12 Völkern auf; und das Ganze ohne Inzuchtdepressionen. Weitere ähnliche, ermutigende Projekte gibt es in den Niederlanden und in Irland. Also: Ziel des Projektes ist es, eine oder mehrere robuste, gesunde, angepasste Populationen der Amm in Deutschland zu etablieren. Natürlich ist vorgesehen, später dann aus diesem Pool zu schöpfen und in Zusammenarbeit z.B. mit dem Zuchtverband diese Bienen züchterisch zu bearbeiten. Wir sind sicher, dass, wenn diese Bienen durch ihre melliferatypischen Eigenschaften überzeugen, auch wieder mehr Imker mit dieser Biene arbeiten werden. Dabei liegt es uns fern, andere Rassen verdrängen zu wollen. Stichwort: Biodiversität. Auch dafür, dass ein (friedliches) Nebeneinander verschiedener Bienenrassen und ihrer Imker in einem Land funktionieren kann, gibt es Beispiele: Die schweizerischen und die irischen Imker zeigen, wie es geht.
    Ein Wort zum Schluss: Dass wir hier über ein Projekt reden, dass Jahre, wenn nicht Jahrzehnte brauchen wird, ist allen Beteiligten bewusst. Dass es keine Erfolgsgarantie gibt, auch. Aber ich denke trotzdem, dass der Versuch sich lohnt. Deshalb auch an dieser Stelle noch einmal die Einladung: Wer Ideen hat und mittun will, einfach melden. Nicht sauer sein, wenn die Antwort etwas länger dauert; das Interesse am Projekt ist derzeit groß …


    Viele Grüße in die Runde,
    Frank Haß