Nicht behandeln, sondern auslesen?

  • HAllo allerseits,


    man macht sich ja so seine Gedanken: es soll Völker geben, die viele Varroen haben, und es soll stets Völker geben, die immer sehr wenig Varroabefall zeigen. Diese Völker mit geringem Befall soll es bei allen Bienenstämmen geben, und auf jedem Bienenstand. Diese Varroabremse soll darüber hinaus erblich sein. Worauf diese zurückzuführen ist, wissen wir noch nicht.


    Durch Vermehrung (Nachzucht) von den varroaarmen Völkern soll auch bei Standbegattung eine Biene ausgelesen werden können, wo sich die Milbe deutlich schlechter vermehrt. So die weitere Annahme mancher Imker.


    Hat das schon mal jemand versucht? Gibt es da Beobachtungen? Eigene Erfahrungen, oder aber Informationen?


    LG
    Kai

  • Hallo Kai,


    im Prinzip machen alle das Gleiche, ob AG Toleranzzucht, die Buckfast Zuchtringe, die Vitalzucht- Leute oder die von resistantbees ... Alle setzen auf den Putztrieb der Völker sowie so genanntes Varroasensitives Verhalten. Dies bedeutet, dass Völker selektiert werden, wo die Bienen frühzeitig erkennen, dass etwas nicht stimmt und dann die Zelle ausräumen. Dadurch wird der Vermehrungszyklus der Varroen gestört. Zusätzlich setzen sie oft auf kleine Zellmaße, weil dann die Drohnen bis zu 2 Tage früher schlüpfen sollen als in den 5,3mm Zellen ... Einfach weil sie kleiner sind.


    Ich habe ein Buch zum Thema Vitalzucht in kurz: nicht behandeln - in Kauf nehmen in den ersten Jahren auch 70-95% Winterverluste zu haben - von den überlebenden Völkern vermehren so viel wie es geht ...Selektion nur und ausschließlich nach vitalität bzw. Überleben ... Nach etwa sieben Jahren soll man dann eine vitale Biene haben, die etwas zickiger ist, dafür aber überlebt ...


    Anmerkung: ob dies in unseren dicht besiedelten Gebieten, wo dauernd fremde Bienen eingeführt werden , überhaupt geht, bezweifel ich ... Dazu kommt, ein AGT Züchter den ich etwas kenne, hat im letzten Winter alle unbehandelten Völker verloren ... Was nur zeigt, dass die noch nicht wirklich weit sind ...die Bemühungen finde ich aber großartig


    Aber die Geschichte auf resistantbees klingt trotzdem toll ;) und vielleicht klappt es ja irgendwann ... Vermutlich nur nicht mit megasanftmütigen, Maximalertrag bringenden , einheitlichen Rassebienen (egal welcher Bienenrasse).


    VG Christian

  • Hallo Kai


    Vielleicht kann ich hier weiterhelfen.
    Ich habe vor knapp 6 Jahren jegliche Maßnahmen gegen die Varroa eingestellt.
    Eigentlich wollte ich 10 Jahre warten, bevor ich das öffentlich mache.
    Meine Verlustraten bewegten sich in dieser Zeit zwischen 10% und 20%.
    Letzten Winter waren es 25%, weil ich einen Urlaub schlecht geplant hatte und somit Fehler gemacht hatte.
    Allgemein stelle ich fest, das nur ein kleiner Teil der entstandenen Verluste der Varroa zugeordnet werden können.
    Was ich nicht weiß, ist, ob meine Vorgehensweise standortabhängig ist oder überall praktizierbar ist.
    Ich arbeite sozusagen als Nebenerwerbsimker und kann nicht über schwere Ertragseinbußen klagen.
    2017 schon, aber das lag eher am Klima, insbesondere den späten Frösten.
    Fragen beantworte ich gerne.


    Schönen Gruss, Elk


  • Zusätzlich setzen sie oft auf kleine Zellmaße, weil dann die Drohnen bis zu 2 Tage früher schlüpfen sollen als in den 5,3mm Zellen ... Einfach weil sie kleiner sind.



    VG Christian


    Hallo Christian
    Da ist Dir wohl ein Tippfehler unterlaufen : Drohnen im () Naturbau schlüpfen nicht früher . Für Arbeiterinnen aus kleinen Zellen gilt das() was Du wohl ausdrücken wolltest .
    Gruss Markus

  • Danke Kai für dieses Thema,


    Ich oute mich jetzt mal als ehemaliger "kleine Zellen Imker". 5,1 schafften bereits 2015 2 von 3 Schwärmen, 2016 hatte ich die Gelegenheit 3 Königinnen aus einer kleinzelligen Linie (Dr. Christian Wurm) zu bekommen. Die bauten nach einer kurzen Umstellungsphase auch 4,9 perfekt.
    Dann lernte ich einen Tierarzt, der auch ein erfahrener Imker ist kennen. Er lies mich an seinem fundiertem Wissen teilhaben und hat mich zum umdenken bewegt.
    Ich möchte hier niemanden "auf die Zehen steigen" aber ich bin mittlerweile der Meinung dass jedes vorgegebene Zellmaß unnatürlich ist. 4,9 ist zu klein und 5,4 ist zu groß. Selbst 5,1 als Mittelmaß will nicht jede Biene.
    Deshalb habe ich mich für möglichst viel Naturbau entschieden. Außerdem verzichte ich wenn möglich, auf Ersatzfutter jeglicher Art. Das geht natürlich nicht in jeder Gegend. Manche werden an resistantbees errinnert werden... Hab ich in der Theorie und auch ein bisschen in der Praxis durch. So romantisch deren Ansätze auch klingen mögen, für mich kommt diese Art der Bienenhaltung nicht in Frage.


    @ Richthofen:
    Ich muss Dir wiedersprechen, auch Arbeiterinnen der westlichen Honigbiene, aus kleinen Zellen brauchen exakt gleich lange um sich zu entwickeln. Natürlich anders bei der östlichen Honigbiene, diese baut kleinere Zellen und hat tatsächlich eine kürzere Entwickelungszeit.


    @ ck1
    Varroatoleranz darf nicht mit dem Verlust der Sanftmut vermischt werden! Es herrscht oft immer noch das Imkermärchen Stecher wären robuster und verteidigen sich besser gegen Varroa und andere Krankheiten. Da muss ich mich entschieden dagegen aussprechen.


    @ Kai
    Völker mit geringem Befall... Diese besonderen Völker in unseren Beständen zu finden ist sicherlich eine wichtige Aufgabe für uns Imker. Das könnte die Toleranzzucht deutlich beschleunigen.


    @ Elk
    Danke, Sehr interessant Deine Methode, vor allem dass es funktioniert. Warum 2017 wegen Klima? Varroa oder einfach wenig Futter?
    Hätte ich im Frühling nicht gefüttert wären auch mir einige "Kleinstvölker" verhungert...


    lg Michael

  • Ich finde in diesem Zusammenhang die Frage spannend, in wieweit tatsächlich genetische Faktoren ausschlaggebend für eine gesteigerte Varroatoleranz sind und in welchem Maße andere Faktoren ( Zellengröße, Mikroklima im Stock, Futter, Wachs, Drohnenschneiden etc.) eine Rolle spielen ?
    @Elk: Kannst Du zu diesen äußeren Faktoren bei Dir etwas sagen? Fände ich sehr spannend.
    Ich selbst behandele zwar auch nicht (und liege mit meinen Verlusten dennoch geringfügig unter denen meiner Nachbarimker, von denen der eine ausschließlich mit Bienenwohl, der andere mit AS/ Schwimmtuch behandelt) da ich aber mit Trogbeuten, Naturbau, Überwinterung auf Honig, vorweggenommen Schwärmen imkere, ist das vermutlich für die Meisten eher nicht vergleichbar.

  • Hallo Michael
    Ich habe nicht geschrieben , dass Arbeiterinnen auf kleinen Zellen eine kürzere Entwicklungszeit haben .
    Das wird von einigen der Anhängern behauptet () - nicht jedoch von mir .
    Und nochmals : für die Drohnenbrut auf Naturbau stimmt es doppelt nicht .


    Gruss Markus

  • Markus, entschuldigung wenn ich Dich falsch verstanden habe!
    Natürlich bin ich was die Drohnenbrut angeht vollkommen bei dir.


    Tine und Elk, es freut mich hier so manchen "Nichtbehandler" kennen lernen zu dürfen.
    Ihr müsst schon sehr tolerante Nachbarn haben, vielleicht ist dass der Anfang der Toleranzzucht ;-)
    Ich würde gesteinigt werden, wenn ich nicht mehr behandle. Gelte ich doch jetzt schon als "Zuwenigbehandler"
    Die große Angst besteht hier in der Thematik der Reinvasion. Ich persönlich, bin mir sicher dass diese innerhalb eines Standes sehr wohl stattfindet. Bei Entfernungen über 500m bin ich mir da schon nicht mehr so sicher.
    Wie handhabt ihr das?
    lg Michael

  • Nun ja, meine beiden Nachbarimker waren anfangs schon sehr skeptisch. Da sie bei sich aber keine signifikanten Unterschiede zwischen der Zeit vor meinen unbehandelten Völkern in ihrer Umgebung und der Zeit seitdem festgestellt haben, sind sie inzwischen deutlich entspannter. Der eine ( der mit AS behandelt) meinte neulich, er glaube inzwischen, dass viele Varroschäden in Wirklichkeit andere Ursachen hätten und er einen immer deutlicheren Zusammenhang des Zustandes seiner Völker mit der Fruchtfolge und damit verbundenen Pestizideinsatz festzustellen glaube.
    Das ist glaube ich eins der Hauptprobleme: zu erkennen, was im Einzelfall tatsächlich Ursache für einen Völkerverlust ist. Ein durch verschiedene äußere Faktoren massiv geschwächtes Volk wird der Varroa kaum etwas entgegenzusetzen haben- handelt es sich beim Eingehen dieses Volkes dann letztlich wirklich um einen Varroaschaden?

  • Hallo zusammen ,
    da hat unser Kai ja ein gutes Thema,sehr interessant,die Auslese wird ja schon von jedem Züchter betrieben,allerdings
    dem Nichtbehandeln stehe ich skeptisch gegenüber.
    Wieviele Jahre wird schon von wirklichen Experten/Wissenschaftlern vergeblich versucht eine Biene,die mit der Varroa
    umgehen kann zu züchten?
    Mit der VSH Biene sind sie ja vereinzelnt scheinbar auf einen guten Weg,aber ganz ohne Behandlung???


    Fazit für mich:weiterbehandeln und ein Auge auf die VSH Biene haben,will meine Völker nicht als Versuchskaninchen
    halten.


    LG Herbert

  • Hallo zusammen
    Den Versuch Behandlungsfreies Imkern überlasse ich als Hobbyimker gerne einem objektiven, neutralen Bienenistitut - mit all ihren Möglichkeiten der Überwachung , Dokumentation und Auswertung .
    Vom Standpunkt der Reinvasion ist das für den Nachbarimker auch nicht wirklich eine nette Geste - oder ?
    Da war doch die Diskussion über die Englischen Imker die heute schon "erfolgreich" nicht mehr Behandeln - Das was sie praktizieren ist für mich
    keine Option .
    Bis dato ist die Varroa bei mir mit wenig Säure unter Kontrolle .
    Gruss Markus

  • Moin


    Es wird hier selbtverständlichst davon ausgegangen, das Nichtbehandeln bedeutet, mehr Milben in den Völkern zu haben.
    Das kann ich nicht bestätigen. Ich befürchte sogar, das es andersherum ist, warum auch immer.


    Elk

  • Somit gabe ich den schwazen Peter zurück und behaupte,
    das Behandler über ihre Einmischung künstlich Erbgut erlauben, das dem Fortschritt des Biens im Wege steht.
    nicht zu sprechen von vielen wertvollen Völkern, die bei diesem Prozess einfach verloren gehen.


    Elk

  • Elk, du gefällst mir immer besser
    Ich würde sogar weitergehen und behaupte dass unsere ganzen Versuche die Milbe zu verbannen letztendlich zu einer "SUPERVARROA" geführt haben.
    Ein Beispiel: Drohnenschneiden
    War und ist immer noch in Mode. Viele meiner Kollegen haben sich nach ausfühlichen Versuchen dazu entschieden, es bleiben zu lassen. Denn erstens haben wir eine Milbe selektiert welche sich hauptsächlich in der Arbeiterinnenbrut vermehrt. Drohnenbrut wird ja entfernt. Und zweitens ist die Volksharmonie dadurch empfindlich gestört. Das habe ich heuer bei einer Königin gesehen welche keine unbefruchteten Eier legen konnte. Das Volk war ohne Schutz nicht zu bearbeiten. Es hat still umgeweiselt und siehe da, alles war wieder gut.
    lg Michael

  • Darüber hinaus führt das Drohnenschneiden zu einer massiven Einschränkung des Genpools- Nicht mehr das beste genetische Material wird weitergegeben, sondern Jenes was per Zufall übrig geblieben ist.


    Was daß Hoffen auf " neutrale" deutsche Bieneninstitute angeht: Solange diese in großem Umfang von Drittmitteln der Chemie- und Pharmakonzerne leben, darf man glaube ich skeptisch sein ohne deswegen ein Verschwörungstheoretiker zu sein.

  • Hallo Tine
    Zu deinen Fragen:
    Kleinere Zellgrössen vorzugeben halte ich nicht für relevant,
    aber ein Brutraum in Naturbau, den die Bienen nach ihren eigenen Vorstellungen ausbauen können, halte ich für vorteilhaft.
    Microklima im Stock kann man schützen, indem frau nicht unnötig häufig kontrolliert, stattdessen seine Fluglochbeobachtungsfähigkeit schärft.
    Futtertechnisch lehne ich Fertigfutter ab, denn Invertieren ist meiner Ansicht nach Aufgabe der Bienen.
    Wachs ist fundamental, gerade bei den Verunreinigungen, die sich im öffentlichen Wachskreislauf finden.
    Ich habe meinen eigenen Wachskreislauf und gieße auch meine Platten selbst.
    Drohnenschneiden finde ich pervers und kontraproduktiv.
    Ich setzte auf die Intelligenz des Bien.
    Elk

  • Hab ich was vergessen?
    Ich führe meine Imkerei so nicht aus Faulheit oder Mangel an Verantwortungsbewußtsein,sondern aus tiefster Überzeugung, das es der richtige Weg ist.
    Das ich darüber bisher geschwiegen habe, dient dem Schutz meiner Person und meiner Bienen.
    Elk

  • Hallo Michael,



    in deiner Behauptung SUPERVARROA,unterstütze ich dich wenn es um Chemikalien oder ähnliches dreht wo sich Resistenzen gebildet haben.
    was aber für Säuren sprich AS-OS-MS nicht zutrifft.


    Was das Drohnenschneiden angeht,Drohnen gehören ins Volk und lasse die 1. Drohnen schlüpfen,danach schneide ich unregelmässig aus
    zur Varroareduzierung,die Milbe hat sich schon immer seit den 80er Jahren sowohl in der Drohnenbrut wie auch Arbeiterinnenbrut vermehrt,extrem selten auch in Königinnenzellen.Meine ersten Bienen 1979 kannten noch keine Varroa.



    LG Herbert

  • Danke Herbert,
    Es gilt derzeit als so gut wie sicher, dass organische Säuren keine Resistenz der Milbe verursachen. Es scheit sogar, als wären diese sehr verlässliche Akarizide. Bereits bei Thymolanwendungen ist es den Milben, oft nach einigen Jahren egal.
    Mir geht es jedoch weniger um Resistenzen als um teilweise, nicht notwendige Eingriffe ins Volk. Dazu gehören auch meine eigenen AS-Behandlungen an Völker welche eigentlich kaum eine Milbenlast aufweisen.
    Drohnenbrut schneiden fällt für mich in eine ähnliche Kategorie. Den Sinn oder Unsinn dieser Aktion kann jeder, der über mehere Völker verfügt, leicht eruieren. Einfach nur bei der Hälfte der Völker Drohnenbrut schneiden.
    Wenn ich Dir noch eine Frage stellen darf?
    Immer wieder wird mir von "alt eingesessenen" Imkern berichtet, dass im Laufe der Jahre die Milbe aggressiver geworden wäre und die Viruserkrankungen zugenommen hätten zB. DWV. Auch hätten bis in die 2000'er Jahre die Völker weit mehr Milben vertragen als jetzt. Hast Du das Erfahrungen?
    lg Michael