Rückschlag

  • Liebe Imkerfreunde,


    soweit ich mich erinnern kann, also mindestens seit 15 Jahren, habe ich über Winter kein einziges Bienenvolk verloren. Dies wird sich LEIDER in diesem Jahr DRAMATISCH ändern:


    Mit Erschrecken musste ich gestern nach dem Tauwetter einen ganz erheblichen Wintertotenfall feststellen. Betroffen sind fast alle Völker. Gerade bei den Jungvölkern musste ich tausende von toten Bienen auf dem Beutenboden vorfinden. Schrecklich!


    Was ist passiert? Die Bienen sehen alle sehr gesund aus. Varroa scheidet demnach komplett aus. Nach Analyse des Bienensommers und Herbstes kommt eigentlich nur eine Ursache in Betracht:


    Das Winterfutter!


    - Entweder lag es an der teils sehr späten Wintereinfütterung. Dies war mein erster Gedanke, dass die Bienen, gerade in den Jungvölkern, sich zu spät verausgabt haben. Aber:


    - Noch wahrscheinlicher für den Ausfall scheint mir meine eigene Fahrlässigkeit zu sein: anstelle von Schwimmern aus Stroh verwendete ich einfach Kraut, das im Garten so herumwächst, u. a. auch Disteln (als Schwimmer, damit die Bienen nicht ertrinken). Höchstwahrscheinlich haben sich Inhaltsstoffe der Disteln in das Zuckerwasser gelöst. Diese Inhaltsstoffe sind evtl giftig, zumindest veranlassen sie die Bienen, sich von der Wintertraube zu lösen. Ein grauenhafter Anblick.


    Höchstwahrscheinlich werde ich wohl SÄMTLICHE in 2010 gebildeten Jungvölker verlieren. Durch meine eigene Dummheit ist wohl ein kleiner Fehler mit GRAVIERENDEN Auswirkungen entstanden. So etwas kann also auch nach 32 Jahren Erfahrungen mit Bienen noch passieren. Wie dumm! Und traurig zugleich. Ich werde nicht nur die Jungvölker, sondern mit ihnen auch wertvolle Reinzuchtköniginnen verlieren. Ein herber Rückschlag. Einzig das Volk im hohlen Baum zeigt kaum Totenfall; hier habe ich als Schwimmer lediglich Grashalme (trocken) verwendet. Der Beweis liegt damit auf der Hand.


    Der Totenfall bei den starken Alt-Völkern ist nicht ganz so stark. Die Erklärung hierfür: die starken Völker brauchten nur kurze Zeit, um das Winterfutter abzutragen, die Disteln hatten hier weniger Zeit, ihre Stoffe in die Zuckerlösung zu geben. Anders bei den Jungvölkern, hier stand die Lösung jeweils ca. 1 Woche im Volk.


    Diese negative Erfahrung zeigt wieder, dass auch durch eine kleine Unachtsamkeit ein großer Verlust herbeigeführt werden kann. Möge diese leidvolle Erfahrung anderen als Warnung gelten, gerade mit der Winterversorgung der Bienen stets sehr umsichtig zu sein.


    Gibt es vielleicht Imker mit ähnlichen Erfahrungen?
    LG
    Kai



  • Hallo Kai,


    das, was bei dir in den Beuten liegt, liegt auf meinem Stand vor einigen Beuten.
    An die angenommene Giftigkeit der Disteln mag ich nicht glauben.
    Welche Pollen- und Trachtquellen flogen deine Bienen seit ca. August an?
    Dass Jungvölker stärkere Auflösungserscheinungen zeigen als Altvölker,
    könnte an gewissen quantitativen Unterschieden liegen.


    Gruß


    Mnne

  • Hallo, leider habe ich bei zwei Jungvölkern (Carnica) heute ähnliches feststellen können. Ein Volk hatte im Eimer als Kletterhilfe dicke Baumrindestücke drin. Das andere Volk hatte einen ganz normalen Fütterer drauf. Die anderen Völker zeigen diese Erscheinung nicht.


    Alles Gute trotzdem.

  • Hallo allerseits, ja es ist traurig, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. An Trachtquellen gab es seit Herbst bei mir hauptsächlich Mais, Sonnenblumen, und all die vielen Gartenblumen.


    All die möglichen Fehlerquellen sind mir schon durch den Kopf gegangen: spätes Einfüttern, Varroa, Viren, Nosema, Vergiftungen, Beutenfarbe, aber nichts von diesem würde passen; nur das eine:


    Alle Völker, die jetzt Schäden zeigen, hatten als Schwimmer u.a. Disteln aus dem Garten. Ich halte es wirklich für möglich, dass dieser "ungewollte" Kräutertee die Bienen jetzt beunruhigt bzw belastet und sie veranlasst, die Wintertraube zu verlassen. Dann erfrieren sie natürlich. Optisch sehen sie kerngesund aus: robuste gesunde Dunkle Bienen.


    Habe eine Probe gesammelt, die morgen nach Trocknung zur Untersuchung versandt wird:

  • Zitat von jenaer

    Hallo, leider habe ich bei zwei Jungvölkern (Carnica) heute ähnliches feststellen können. Ein Volk hatte im Eimer als Kletterhilfe dicke Baumrindestücke drin. Das andere Volk hatte einen ganz normalen Fütterer drauf. Die anderen Völker zeigen diese Erscheinung nicht.


    Alles Gute trotzdem.


    Hallo,


    das würde meine Vermutung ja bestätigen: Zuckerwasser nimmt aus organischen Materialien Fremdstoffe auf, die den Bienen im Winter gar nicht gefallen.
    LG
    Kai

  • Zitat von jenaer

    Ein Volk hatte im Eimer als Kletterhilfe dicke Baumrindestücke drin. Das andere Volk hatte einen ganz normalen Fütterer drauf.


    Kai, dann müssten in dem "ganz normalen Fütterer" aber auch Baumrindenstücke" gewesen sein.
    Somit würden Kunststoffbeuten wohl doch besser sein, wo die Bienen im Zweifel nicht mit giftiger Borke oder gar noch giftigem Holz und seinem Moder in Baumhöhlen in Berührung kommen.


    Gruß


    Manne

  • Tja, eigentlich kann es vom Holz nicht kommen, es sei denn, es war kontaminiert.


    Ich bin mal auf das Ergebnis der Bienenuntersuchung gespannt.
    LG

  • Hallo Kai,


    hast du mit den toten Bienen eine "Milbenwäsche" gemacht?
    Womöglich liegt der Befall an der Verlustschwellengrenze;
    ich hörte mal von ca. 10%.
    Womöglich liegt sie aber schon tiefer.


    Gruß


    Manne

  • ... bin noch nicht dazu gekommen, überlasse das aber einem Fachmann. Milben gibt's bei mir aber nur ganz wenige......

  • Hallo Kai, tut mir weh davon zu hören und dann noch mehr wenn es so wie bei dir um die dunkle geht. Bei meinen Promis ist es ja nicht so schlimm, würde mir und tat schon genau so weh.
    Weiss ein Lied davon zu singen.
    In deinem Fall tippe ich auf eine Vergiftung, aber nicht durch die Distel; Milben-Symtome kann ich auf den Bildern nicht erkennen und schließe diese als Verurscher aus.
    Die Belgier hatten vor 2 Jahren große Ausfälle und Glock hatte von 100 Völker fast alle verloren, wie und warum?
    Gruß, Horst

  • Das tut mir Leid!
    Mir ging es im letzten Jahr ähnlich. Ich habe die Hälfte meiner Völker verloren - in allen Jahren vorher höchsten 1 oder zwei.
    Ich bin gespannt, ob wirklich die Disteln Sculd sind.
    Gruß, Kleff

  • Hallo Ihr Lieben,


    vielen Dank für die vielen (auch privaten) Rückmeldungen.


    Ich bin sehr gespannt auf die weitere Entwicklung (noch sind ja alle Völker am Leben, wenn auch zum Teil mini mini) und auf die Untersuchungsergebnisse.


    Varroa, Nosema, Viren schließe ich eigentlich aus; die Bienen erscheinen mir kerngesund.


    Ich werde hier natürlich weiter berichten.
    LG
    Kai

  • Hallo Kai,


    das sieht ja wirklich schlimm aus! Ich hab bei mir noch nicht nachgesehen.
    Hab das Tauwetter verpaßt.


    Noch eine Theorie:
    Ich habe meine Bienen 2 x aus dem Schnee "ausgraben." Hier in Kiel war ja ganz schön was runter gekommen. War es vielleicht zeitweiser Luftmangel?


    Das mit den Disteln kann natürlich sein. Je länger der "Tee" ziehen kann, desto mehr löst sich auch aus dem Kraut raus. Konntest du bestimmen, was da genau im Winterfutter gelandet ist?


    LG und Kopf hoch! Heiko

  • Hallo Kai
    Erst mal mein Beileid für diesen herben Verlust, und wenn die seltenen Dunklen sterben, ist es doppelt schlimm!
    Zur Ursachenforschung: Deine Theorie mit den Disteln mag schlüssig sein, den Beweis wird dir das laboratorium ja hoffentlich liefern. ABER: Es scheint dieses Jahr überall erhöhten, frühzeitigen Totenfall zu geben. Auch bei mir liegen mehr tote Bienen als sonst auf dem Beutenboden. Aber das war alles schon mal da: 1981 oder 82, gab es einen ähnlich miesen und verregneten August wie in 2010. Was dazu führte, dass kaum Pollen eingetragen wurde und ergo wenige und schwache Winterbienen erbrütet wurden. Nun sind es die späten Sommerbienen die sterben. Das Resultat war damals ähnlich Katastrophal. Es könnte ja sein, dass deine Jungvölker zu wenig Pollenreserven hatten, die älteren Völker nun aufgrund ihrer Pollenreserven jetzt besser dastehen. Und das Volk in der Klotzbeute lebt eh Bienengerechter. Auch diese Theorie passt. Bin gespannt, wie es weitergeht.

  • Hallo an alle,


    nochmals lieben Dank für die vielen Antworten und auch privaten Äußerungen des Mitgefühls.


    Heute erhielt ich das Untersuchungsergebnis des LAVES Bieneninstitutes Celle. Das Ergebnis hat mich überrascht, ich habe es nicht vermutet. So wie ich in aller Offenheit über den starken Totenfall berichtete, ist es für mich selbstverständlich, das Untersuchungsergebnis hier ebenso offen mitzuteilen. Hier der (auszugsweise) Bericht des Untersuchungsergebnisses:


    "Bei der makroskopischen Untersuchung der toten Bienen wurden in einer Zufallsstichprobe von 100 Bienen insgesamt 18 Varroamilben durch Auswaschen nachgewiesen. Das entspricht einem Varroabefall der Bienen dieser Zufallsstichprobe von 18%.
    Bei der mikroskopischen Untersuchung der toten Bienen wurden in einer Zufallsstichprobe der untersuchten Bienen einzelne Zysten des Erregers der Amöbenruhr nachgewiesen. Ebenso konnte ein schwacher Nosema-Befall nachgewiesen werden.
    Das Ergebnis dieser Untersuchung deckt sich nicht mit Ihrer Beschreibung, wonach die Bienen äußerlich völlig gesund aussehen würden. Der optisch schon im Probenbeutel nachweisbare Varroabefall steht dem entgegen. Der Befall ist als kritisch einzuordnen.
    Der geringfügige bis schwache Befall der Bienen mit den Erregern der Nosemose und der Malpighamoebose kann nicht Ursache des außergewöhnlich hohen Bienen-Totenfalls sein.
    "


    Soweit das Ergebnis der Untersuchung. Vielen Dank an das LAVES-Bieneninstitut, insbesondere Herrn Dr. Otto Boecking.


    Nun, 20 Jahre Behandlung mit Perizin haben mir nie Probleme mit der Varroa bereitet, und nun dieses Ergebnis. Von daher war meine Entscheidung richtig, in diesem Jahr auf Oxuvar umzusteigen; hinzu kommt für mich die Notwendigkeit einer Sommerbehandlung, evtl. mit Thymovar. Denn wie das Ergebnis zeigt, reicht bei mir die Winterbehandlung nicht mehr aus, vielleicht liegt bereits eine Perizinresistenz der Milben vor, eventuell sind die Milben insgesamt auch virulenter geworden.


    Vielen Dank an alle, die sich dieses Problems angenommen haben.
    LG
    Kai

  • Hi Kai, das hättest du auch gekonnt mal 100 Bienen auswaschen und was sonst da noch gefunden wurde ist für mich gleich Null.
    14% Milben ist nicht wenig aber es sollen auch Bienen mit einem höherem Befall gut überwintert haben.
    Sei es wie es ist, eine gewisse Resistenz scheint vor zu liegen.


    Ich glaube wir befinden uns in einem Teufelskeis und nutzen der Biene überhaupt nicht.


    Weitermachen? Ändern? Nichts tun zum Wohle der Biene? Alle sterben lassen?

  • Hallo Horst,


    danke für die Rückmeldung. Also: auf jeden Fall weitermachen (aber nicht so wie bisher), so wenig wie möglich sterben lassen.


    Du sagst 14 % ist nicht unbedingt "tödlich"? Naja, bislang sind ja noch alle Jungvölker am Leben, auf das Frühjahr bin ich mal gespannt.


    Wie war das noch mit der "Handvoll Bienen"? :)
    LG
    Kai