Beiträge von Rheinschlucht

    Über den Kleinen Beutenkäfer kursieren viele Gerüchte, was letztlich kontraproduktiv ist. Ich erhalte die aktuellen Meldungen der Schweizer Behörden und Forschungsinstitute, die aus geografischen Gründen sprichwörtlich nahe am Thema dran sind – und vor allem seit zwei Jahren ein vorbildliches Früherkennungsprogramm durchführen. Wenn ich neue Nachrichten aus diesen zuverlässigen Quellen erhalte, stelle ich sie hier zur Information und Diskussion ein.

    Lieber René,


    Offenbar ist Dir meine Darstellung der Fakten in den falschen Hals geraten. Es war auf keinen Fall mein Ansinnen, Dir zu unterstellen, dass Du etwas gegen Imker in anderen Ländern hast.


    Wenn Du aber schreibst «wenn ich das richtig verstanden habe, wird bislang noch gar nicht wirklich geforscht was diesen Käfer anbelangt», dann fehlt ein wichtiges Wort, nämlich «dort» (d.h. im Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf).


    Bienenforscher aus 92 Ländern arbeiten übrigens schon seit 2008 im COLOSS-Netzwerk (Prevention of honey bee COlony LOSSes) zusammen, auch zum Thema Kleiner Beutenkäfer. Bei http://coloss.org/ arbeiten alleine aus Deutschland 40 Wissenschafter mit, auch solche aus dem Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf.

    Zitat von Rene

    Ich war heute kurz beim Tag der offenen Tür in Hohen Neuendorf mit ran ... also wenn ich das richtig verstanden habe, wird bislang noch garnicht wirklich geforscht was diesen Käfer anbelangt. Da frage ich mich, auf was wartet man denn? Muss erst der halbe Bestand abgefackelt werden?
    Sollte das stimmen, ich bin entsetzt!


    Das ist ein bisschen inkorrekt, um es diplomatisch zu formulieren.


    – Schon seit mindestens 12 Jahren forscht Bienenprofessor Peter Neumann vom Institut für Bienengesundheit der Universität Bern zum Kleinen Beutenkäfer. Da war der Parasit noch weit entfernt von Europa und breitete sich «erst» in den USA aus. Neumann ist heute weltweit der führende Wissenschafter auf diesem Gebiet, es sind aber noch viele andere Forscher am Thema dran.


    – In der Schweiz gibt es auch schon seit zwei Jahren ein Früherkennungsprogramm, bei dem Sentinel-Imker zuerst in den Bergkantonen und heute schweizweit Bienenstände auf einen Befall mit dem Kleinen Beutenkäfer kontrollieren.


    – In der Schweiz fand ebenfalls schon vor zwei Jahren auch die erste «Beutenkäfer-Ausbildung» für insgesamt 300 Schweizer Bieneninspektoren statt.


    – Der Schweizer Imkerverband VDRB verkauft auch schon bald zwei Jahren Diagnosefallen für den Kleinen Beutenkäfer http://www.vdrb.ch/shop/shop-r…eottero.html?L=bspqaextbz


    Manchmal lohnt es sich, über den eigenen Tellerrand zu schauen ;-)

    Eine Delegation des Vereins Schweizerischer Mellifera Bienenfreunde http://www.mellifera.ch/ fährt an die Konferenz des Verbandes aller europäischen Mellifera-Zuchtvereine (SICAMM) vom 20. bis 23. Oktober in Lunteren (Niederlande).


    Das Programm: http://www.sicamm.org/NextConf.html


    Welche anderen Imker und Züchter aus den deutschsprachigen Ländern kommen auch an die SICAMM-Konferenz? Wir könnten uns dann mal zusammensetzen und Erfahrungen austauschen ...

    Zitat von Johannes

    Darf ich noch erfahren, ob das Foto eines deiner Völker zeigt und um welchen Reinheitsgrad es sich ungefähr handelt?
    Die Bienen sind optisch erstklassig!


    Kurz und bündig:


    – Ja.
    – Von einer Linienbelegstationen, also Anpaarung mit mehr als 95 Prozent reinrassigen Drohnen der Belegstation.

    Zitat von Johannes

    (Zitat Anfang) Von den britischen Inseln über die Alpen bis in den Ural hat die Dunkle Biene die gleichen genetisch vererbten Eigenschaften. Weil sich aber das lokale Klima und Trachtangebot über 4000 Kilometer quer durch Europa markant unterscheiden, bildeten sich lokale Ökotypen. Wenn man die Völker «vertauscht», also vom Departement Les Landes nach Paris und vice versa, behalten sie ihren Brutrhythmus bei. Die Folge ist eine schlechtere Honigernte. (Zitat Ende)


    Das sehe ich kritisch. Denn ein Volk ist hoch dynamisch und passt sich schneller an, als der Imker gucken kann. Zumindest sind meine aus Skandinavien importierten Bienen im folgenden Frühjahr schon ohne Abstriche für "meine Tracht" geeignet. Ich sehe keine Verluste durch einen "falschen Ökotyp".


    LG Johannes


    Erst mal herzlichen Dank für die positive Rückmeldung und den Input!


    Es gibt eine französische Studie über dieses Experiment, die ich aber leider nicht mehr finde (was mich ehrlich gesagt ärgert, weil ich alles andere korrekt belegen kann). Vielleicht mögen die hochnäsigen «Abeilles de Paris» einfach nicht in die Provinz verfrachtet werden? ;-)

    In den «News» des Vereins Schweizerischer Mellifera Bienenfreunde (VSMB) habe ich heute den ersten von drei ausführlichen Artikeln über die Eigenschaften der Dunklen Biene veröffentlicht: http://www.mellifera.ch/cms/ne…n-robust-anpassungsfaehig


    Darin sind neben den bekannten Fakten von Ruttner & Co. aus den 1960er-Jahren auch neue Forschungsergebnisse und natürlich die Erfahrungen von Kai Engfer * und anderen heutigen Mellifera-Imkern eingeflossen.


    Der erste Artikel befasst sich u.a. mit der Bruttätigkeit, der Schwarmneigung und der Winterhärte. Habe ich zu diesen Themen etwas vergessen? Oder hat sich ein Fehler eingeschlichen? Dann schreibt Euren Input doch bitte hier in die Kommentare. Ich freue mich auf eine kritische und nötigenfalls kontroverse Diskussion.


    * Gerne empfehle ich das Online-Buch «Die Dunkle Biene» von Kai Engfer zum Herunterladen: http://www.nordbiene.de/das-buch-die-dunkle-biene.html

    Zitat von Richthofen

    ... einige züchten sicher in grösserem Umfang nicht zuletzt auch für die kleinen Scheinchen.


    LG Markus


    In die ganze Diskussion der letzten Tage möchte ich mich nicht einmischen, das ist nicht mein Ding. Allerdings möchte ich eine Bemerkung über die Mellifera-Züchter so nicht stehen lassen. Wohlgemerkt, ich bin selbst kein Züchter, aber ...


    ... ich kenne jeden einzelnen der 36 zertifizierten Mellifera-Reinzüchter in der Schweiz persönlich. Und ich kann mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass keiner dieser fachlich hoch kompetenten und erstklassig ausgebildeten Reinzüchter mit der Königinnenzucht auch nur einen einzigen Franken verdient. Das ist ein Verlustgeschäft, in das die zertifizierten Mellifera-Reinzüchter viel Zeit, viel Know-how, viel Liebe und auch viel Geld reinstecken! (Foto vom ganztägigen Züchtertreffen 2016 mit vielen Fachvorträgen von kompetenten Wissenschaftern):


    [attachment=0]Züchtertag 2016, klein.jpg[/attachment]


    Wer einmal erlebt hat, wie viele Tage (!) ein zertifizierter Mellifera-Reinzüchter alleine in den jährlichen Ringtausch der Königinnen für die Prüfstände investiert, der weiss, was ich meine (Foto vom Ringtausch 2016, akribische Prüfung einer Königin):


    [attachment=1]Ringtausch 2016, klein.jpg[/attachment]


    Die Mellifera-Reinzucht funktioniert heute (zumindest in der Schweiz) nur deshalb, weil die «grossen» Reinzüchter die Zucht mit dem Honig- und/oder Völkerverkauf quer subventionieren. Und weil die «kleinen» Reinzüchter es als Liebhaberei betreiben.


    Das sollte man bitte nie vergessen, wenn hier mal wieder über Reinzüchter «verhandelt» wird.

    Kurz zusammengefasst:


    Linienbelegstelle


    Auf einer VSMB-Linienbelegstelle für Zuchtköniginnen der Apis mellifera mellifera stammen die reinrassigen Drohnenvölker von derselben überdurchschnittlichen und leistungsgeprüften Drohnengrossmutter. Die Selektion dieser Vaterlinien wird mit wissenschaftlicher Beratung vorgenommen und verfolgt einen klaren Linienzuchtplan, der bestimmte Eigenschaften verbessern und gleichzeitig die Diversität der Linien möglichst breit führen soll. Das Ziel ist eine Anpaarung mit mehr als 95 Prozent reinrassiger Drohnen der Linienbelegstelle.


    Die fünf Schweizer Linienbelegstellen für die Apis mellifera mellifera nutzen die Abgeschiedenheit der Hochgebirgstäler. Hier werden unter anderem die Königinnen für die jährliche Ringtauschserie begattet.


    Rassenbelegstelle


    Um Wirtschaftsköniginnen für Bienenvölker der Dunklen Biene zu begatten, die eine schöne Ernte eintragen, werden Rassenbelegstellen geführt. Diese Rassenbelegstellen haben nicht ganz so hohe Ansprüche an die «perfekte» Begattung und werden im Sinne einer Landbelegstelle geführt, ein kleiner Anteil an Hybrid-Drohnen wird akzeptiert.


    In der Schweiz gibt es 22 Rassenbelegstellen für die Apis mellifera mellifera, hier ein Bild aus dem Sernftal:



    [attachment=0]IMG_0070 (1).jpg[/attachment]
    Mehr zu den Schweizer Mellifera-Belegstellen: Die Belegstelle als «Stundenhotel» für die Bienenkönigin

    Liebe Kollegen,


    Auf Nachfrage von einigen Mitschreibenden und Mitlesenden eröffne ich ein neues Thema rund um den Verein Schweizerischer Mellifera Bienenfreunde (VSMB). Dies vor dem Hintergrund, dass der VSMB mit rund 500 im Verein aktiven (!) Mellifera-Züchtern und -Imkern die grösste Organisation zur Erhaltung der Dunklen Biene in den deutschsprachigen Ländern ist.


    Damit es keine Missverständnisse gibt: Es geht hier nicht um ein gegenseitiges Ausspielen von Stärken und Schwächen der verschiedenen deutschsprachigen Länder. Vielmehr möchte ich einen Einblick geben in den Aufbau und die Tätigkeit des VSMB. Wenn sich Interessierte von uns Schweizer Mellifera-Imkern inspirieren lassen und in Deutschland oder Österreich eigene Initiativen aufbauen, ist das durchaus erwünscht.


    Und gerne beantworte ich auch Fragen von Euch, wobei ich im Zweifelsfall beim Vorstand des VSMB Rückfrage halte, damit meine Antworten fachlich und wissenschaftlich korrekt sind.


    Eine erste Übersicht


    Rund 60'000 Bienenvölker in der Schweiz sind dunkler Abstammung. Ein guter Teil davon sind nach der jahrzehntelangen Umweiselung auf Carnica im ganzen Land naturgemäss Hybrid-Völker. Durch eine konsequente Arbeit mit Zuchtmaterial aus erhalten gebliebenen Populationen gibt es aber immer mehr Völker reinrassige Apis mellifera mellifera. Zahlen dazu gibt es (noch) keine.


    Der VSMB unterhält nach meinem Wissen das weltweit grösste Zuchtprogramm zur Förderung der Qualität der Dunklen Biene, gekoppelt mit dem Aufbau von Schutzgebieten.


    Heute gibt es in der Schweiz rund 1000 Quadratkilometer Mellifera-Schutzgebiet oder Mellifera-dominierte Alpentäler:


    • Das Mellifera-Schutzgebiet im Kanton Glarus ist 685 Quadratkilometer gross (1977 gegründet).


    • Das Mellifera-Schutzgebiet Melchtal in der Zentralschweiz ist 50 Quadratkilometer gross.


    • Das Mellifera-dominierte Münstertal in der Südostschweiz ist 200 Quadratkilometer gross (als Schutzgebiet vorgesehen).


    • Das Mellifera-dominierte Diemtigtal in der Westschweiz ist 130 Quadratkilometer gross (als Schutzgebiet vorgesehen).


    Jährlich werden in der Schweiz über 5000 Mellifera-Königinnen auf den fünf Linienbelegstellen und 22 Rassenbelegstellen des VSMB aufgeführt.


    Hinter diesen Zahlen steht eine während Jahren aufgebaute Struktur


    • Nationale Zucht- und Prüfgemeinschaft, die sich wiederum in regionalen/lokalen Züchterringen organisiert


    • Zertifizierung der seriösen Reinzüchter zum Schutz der Käufer


    • Aufbau von Linien- und Rassen-Belegstellen mit geschulten Züchtern


    • Aufbau von Prüfständen mit geschulten Prüfstandsleitern


    • Aus- und Weiterbildungskurse für Imker, Prüfstandsleiter und Züchter


    • Langjährige finanzielle und wissenschaftliche Unterstützung durch durch lokale/regionale/nationale Behörden sowie Universitäten.


    Disclaimer: Ich bin Journalist für verschiedene Fachzeitschriften rund um Agrar- und insbesondere Bienen-Themen. Und in meiner Freizeit schreibe ich ehrenamtlich die «News» für den Verein Schweizerischer Mellifera Bienenfreunde (VSMB).

    Hallo Kai,


    ich kann die Verbandstätigkeit in Deutschland nicht beurteilen. In der Schweiz nutzen wir aber alle diese Vorteile schon.


    Der Verein Schweizerischer Mellifera Bienenfreunde (VSMB) hat über 500 aktive Züchter und Imker, dazu kommen (je nach Schätzung) mindestens 500 weitere engagierte Mellifera-Imker.


    Regelmässig finden Weiterbildungen statt mit hoch qualifizierten Referenten, damit wir alle auf dem neuesten Stand von Praxis und Wissenschaft sind.


    Der VSMB arbeitet dafür eng zusammen u.a. mit dem Zentrum für Bienenforschung, Agroscope (Kompetenzzentrum der Schweizer Regierung für landwirtschaftliche Forschung) und dem Institut für Bienengesundheit der Universität Bern.


    Wenn es für Dich OK ist, eröffne ich hier im Forum ein neues Thema zu den Aktivitäten in der Schweiz. Das könnte für die Kollegen in Deutschland und Österreich eine Motivation sein ...

    Na ja, ein paar «kleine» Vorteile hat national organisierter Verein schon:


    – Bildung einer nationalen Zucht- und Prüfgemeinschaft, die sich wiederum in regionalen/lokalen Züchterringen organisiert
    – Zertifizierung der seriösen Reinzüchter zum Schutz der Käufer
    – Aufbau von Linien- und Rassen-Belegstellen mit geschulten Züchtern
    – Aufbau von Prüfständen mit geschulten Prüfstandsleitern
    – Aus- und Weiterbildungskurse für Imker, Prüfstandsleiter und Züchter
    – Langjährige finanzielle und wissenschaftliche Unterstützung durch durch lokale/regionale/nationale Behörden sowie Universitäten.

    Zitat von Johannes

    ... aber trotzdem kann es reine Dunkle im Alpenraum geben! Und allein diese Möglichkeit sollte uns anspornen, dafür Belege zu finden und nicht dagegen.


    Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt. :D


    LG Johannes


    Ich gehe mal davon aus, dass die Schweiz immer noch zum Alpenraum zählt ;-) Dann «kann» es nicht nur, es gibt selbstverständlich reine Apis mellifera mellifera im Alpenraum. Mit jährlich über 5000 begatteten Jung-Königinnen von einer der 27 Schweizer Belegstellen sichern rund 1000 Schweizer Mellifera-Imker die Population der Dunkle Biene in unserem Land.


    Natürlich sind nicht alle Mellifera-Völker hundertprozentig reine A.m.m. – aber durch eine konsequente und standardisierte Zucht mit modernsten Mitteln (seit 10 Jahren mit DNA-Analysen) kommen die Schweizer Mellifera-Imker dem Ziel einer möglichst reinen Apis mellifera mellifera immer näher.


    Mehr Infos siehe: http://www.mellifera.ch/cms/ne…gstelle-linienbelegstelle

    Zitat von Herbert

    Mehr werbung für eigentlich nichts tun,könnten die Schweizer doch nicht bekommen,oder!?


    «Eigentlich nichts tun» ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck für jährlich über 5000 Mellifera-Königinnen von einer der 27 Schweizer Mellifera-Belegstellen ...

    Zur Erklärung: In der Schweiz sind schätzungsweise noch 50 Prozent der Beuten so genannte Schweizerkasten (im Bienenhaus, siehe Foto) oder Schweizermass (Magazinbeuten). Die mit der Crowdfunding-Aktion von http://www.mellifera.ch/ finanzierten Beuten sind aber für Drohnenvölker gedacht, deshalb werden Magazinbeuten gekauft.


    Hier übrigens der Link zur lokalen Crowdfunding-Aktion in der Zentralschweiz: https://www.funders.ch/biene



    [attachment=0]IMG_0086 (1).jpg[/attachment]

    Zitat von El-Tommy

    Schade eigentlich, dass es hier nicht zu einer Diskussion kommt. Wenn man bedenkt, dass lediglich Kai und Oliver bisher hier geantwortet haben, dann ist das bei ca. 400 Aufrufen des Themas schon sehr wenig Beteiligung.


    Lg, Tommy


    Ich flechte im Februar 2016 hier http://www.ballenbergkurse.ch/…-flechten-traditionell-2/ meinen ersten Korb und werde einen Schwarm von meinen Mellifera drin einschlagen. Mal schauen, wie das in unserem Bergtal funktioniert.


    Wenn es soweit ist, komme ich gerne auf Dich zurück.


    Jürg